Gewalt gegen Frauen - körperlich, sexuell, emotional, strukturell

[badenserin]

@Foxx:
Bis zu deinem Beitrag hatte ich von dem Produkt nichts gehört und gelesen. Ich wünschte, es wäre dabei geblieben.
Aus folgendem Grund die Emotionalität nachvollziehen, mit der die Debatte geführt wird und wundere mich umgekehrt, dass dich das erstaunt:

Mal wieder wird der weibliche Körper mit seinen ganz normalen Funktionen pathologisiert und Männer meinen, man müsse künstlich nachhelfen, um einem direkten Kontakt mit den ekelhaften Begleiterscheinungen zu vermeiden. Ein weiterer Baustein der beliebten Serie, was mit Frauen alles nicht in Ordnung ist und künstlicher Abhilfe bedarf. Entsprechende Hygieneartikel werden verschämt in unauffälligen Schmuckdosen versteckt, das Kind wird auch heute oft nicht beim Namen genannt. Solche Erfindungen sind ein weiterer Schritt rückwärts.

Jemand anderes hat es hier schon geschrieben: Ich dachte dabei auch spontan an Menstruationshütten.

Wenig überraschend braucht die Welt dergleichen nicht für Männer, ihren Geschlechtsorganen, ihren Körperflüssigkeiten.

Herzlichen Dank an die anderen, die hier links zu treffenden Beiträgen eingestellt haben. So treffend und witzig diese ebenso wie die Kommentare hier sind, ist man irgendwann nur noch müde.

[vergas]

Ich finde das nicht. Die Tatsache, dass zwei Männer etwas (Unsinniges) erfinden, mit dem sie Geld machen wollen und das gleichzeitig die Menstruation von Frauen als "Ihhhhbäääää" darstellt, ist schon ziemlich grotesk.
Es verstärkt ein Bild, das ohnehin in der Werbung gepflegt wird: Frauen tropfen ständig eklige Flüssigkeiten aus, brauchen Slipeinlagen, Binden, in denen man blaue "Ersatzflüssigkeit" zeigt, damit keiner am Bildschirm umfällt, sie brauchen Intimspray, Lotion und nun auch noch diese Pinky Gloves für den ekligsten Teil ihres Frauseins.

Nee, das ist alles abgefahrener Mist. Gut, dass das jetzt durch den Kakao gezogen wird - und nicht durch eine Ersatzflüssigkeit.

Jetzt seien wir doch mal ehrlich. Besonders toll ist die Menstruation nicht. Sie ist nicht igitt und bah, aber für viele Frauen unangenehm und teilweise sehr schmerzhaft.

Das Produkt an sich ist dämlich, aber wenn wir von Menstruation sprechen, dann wäre es mir persönlich lieber, wenn der Augenmerk darauf liegen würde, wie man mit den Frauen umgeht. Dh, dass eine Frau ehrlich sagen darf, mir geht es nicht so gut, ich habe meine Tage, ohne dass ein dummer Spruch kommt. Dass Sachargumente von Frauen nicht lächerlich gemacht werden mit der Frage "hast du deine Tage?" DAS gehört für mich zu den Versuchen, Frauen in der Öffentlichkeit zu diskreditieren, ja sogar mundtot zu machen. Genau das ist mir vor einigen Wochen in einer lokalen Telegram-Gruppe passiert. Und ich fand es ziemlich schade, dass da niemand, auch kein Administrator eingegriffen und sich auf meine Seite gestellt hat.

Und diesen Umgang mit Frauen finde ich wesentlich schlimmer als überflüssige, blödsinnige pinkfarbene Einweghandschuhe.

Abgesehen davon wären solche Handschuhe bei Männern wesentlich sinnvoller, denn da gibt es leider eine ganz erhebliche Anzahl, die sich nach dem Toilettengang nicht die Hände waschen.

[Mr. Gordo]

Ob es zu einem Shitstorm reichen würde, wenn eine von verklebten Socken oder Mini-Tempo-Turbanen geplagte Mutter den Masturbationshandschuh präsentieren würde?

Man kann dieses dämliche Produkt natürlich als Offense empfinden.
Andere werden es kaufen, weil sie denken, dass es genau das ist, was sie brauchen.
Ist ja noch immer eine individuelle Entscheidung, ob einem die eigenen Körperausscheidungen unangenehm sind oder nicht.

Am Ende wie so oft in dieser Zeit: Viel Lärm um am Ende recht wenig.

[Mieze Schindler]

Ist ja noch immer eine individuelle Entscheidung, ob einem die eigenen Körperausscheidungen unangenehm sind oder nicht.

Eben das ist es in diesem Fall aber nicht. Denn während Männer erst gar nicht vor die Entscheidung gestellt werden, müssen Frauen sich mit uralter Tabuisierung auseinander setzen.

[Marmelada]

Zunächst mal: Ich habe meine Periode immer gemocht. Nun war sie auch nicht sonderlich schmerzhaft oder unangenehm. Aber ich mochte den Zyklus einfach gern.

Und wenn ich so etwas jetzt lese, empfinde ich das als großen Rückschritt: Wir haben in den 80er Jahren mit großem Vergnügen in den Frauengruppen "Die weise Wunde Menstruation" gelesen.
Ein Buch, das von Achtung der Menstruation, von ihrer Kulturgeschichte und dem Stolz darauf erzählt.

Und dann kommen 40 Jahre später solche dusseligen Honks und wollen Frauen einzeln eingeschweißte Handschuhe verkaufen, damit sie sich nicht so schreckllich vor sich selbst ekeln müssen.

[Sabuha]

Ist ja noch immer eine individuelle Entscheidung, ob einem die eigenen Körperausscheidungen unangenehm sind oder nicht.

Sollte so sein.
Aber dass es bäh ist und man nicht immer offen darüber reden soll/darf, hilft nicht dabei, eine individuelle Entscheidung zu treffen.
Sondern man muss Anerzogenes erstmal ablegen.

Das mit dem Handschuh - ich habe es nicht gesehen und weiß daher nicht, ob ich etwas grundlegendes nicht mitbekommen habe.
Ist irgendwas besonderes an dem Handschuh?
Biologisch abbaubar?
Besondere Oberfläche, damit man damit besonders gut/schonend/angenehm ein Tampon einführen kann?
Also irgendwas, was anders ist als ein normaler Einweg-Handschuh?

[Rotbauchunke]

https://www.tag24.de/unterhaltung/tv...gloves-1923553

Ikea hat eine gute Idee für den Handschuh

[Marmelada]

Also irgendwas, was anders ist als ein normaler Einweg-Handschuh?

Er ist einzeln verpackt, also alles andere als unweltverträglich, und rosa, damit das Blut nicht so auffällt...

[Sabuha]

Er ist einzeln verpackt, also alles andere als unweltverträglich, und rosa, damit das Blut nicht so auffällt...

Ich hab gerade mal auf den Produktseiten geguckt.
Es gibt auch noch einen innovativen Klebestreifen.

Ich glaub, ich muss mal die Präsentation nachschauen.
Man hat einen Handschuh.
Einen Tampon rausholen, einwickeln und die zweite Hand erst zum Überstülpen des Handschuhs einsetzen - das könnte ICH nicht.
Und spätestens beim Einsetzen des neuen Tampons wäre das Problem von Papier/Waschbecken sowieso wieder aktuell.

Dann die Binden.
Benutzte Binden - dafür brauche ich auch beide Hände.
Falten, in Papier einwickeln. Im Anschluss pack ich das dann noch hübsch adrett in die Außenhülle der neuen Binde ein (ich dachte, dafür ist das da).

Also für mich:
WENN Handschuh, dann zwei.
Sonst reicht auch eine Tüte. Dann ginge es aber NUR um das diskrete Rausschmuggeln des Mülls?

[Hannix]

Alles gesagt. Will auch noch kurz. Aus welcher Parallelwelt stammen denn die zwei "Erfinder" und der Investor, dass man so ein Produkt für ne gute Idee hält? Rosa Plastik und rote Herzchen auf dem Tampon? Die trollen und doch!

Ich stelle mir vor, wie man sich im Freundes- Bekanntenkreis erstes Feedback für diese Idee holt. Da muss doch: "Ne, du lass mal lieber. Ist vielleicht keine sooo gute Idee jetzt" kommen. Oder sind die nur von einem Männerbund umgeben? "Super Idee, mach das, das läuft 100 pro!"

[Mereta]

Er ist einzeln verpackt, also alles andere als unweltverträglich, und rosa, damit das Blut nicht so auffällt...

Ist doch eigentlich eine gute Idee. Einzeln verpackt ist deutlich hygienischer, als wenn das ne Zehnerpackung wäre, die nach dem Öffnen erstmal wochenlang offen im Schrank liegt.

[Marmelada]

Ist doch eigentlich eine gute Idee. Einzeln verpackt ist deutlich hygienischer, als wenn das ne Zehnerpackung wäre, die nach dem Öffnen erstmal wochenlang offen im Schrank liegt.

Genau. Weil das so ungemein wichtig ist, sind ja auch die Handschuhe in Krankenhäusern immer einzeln verpackt.

[tantes]

Ist doch eigentlich eine gute Idee. Einzeln verpackt ist deutlich hygienischer, als wenn das ne Zehnerpackung wäre, die nach dem Öffnen erstmal wochenlang offen im Schrank liegt.

Hm, nein, Mereta. Wenn ich das richtig verstehe, entfernst Du den Tampon mit dem Handschuh, stülpst ihn dann auf links und verschließt das "Päckchen" mit dem Klebestreifen. Er fungiert auch als Verpackung. Das Päckchen wirfst Du dann diskret in den Mülleimer / hinter den Busch im Park. Also, bei jedem Tamponwechsel brauchst Du einen neuen Handschuh. Wie viele Tampons brauchst Du während Deiner Menstruation? Siehst Du, mit einem 10er-Päckchen kommt man nicht weit. Aber Geld- und Umweltthematik finde ich sekundär im Vergleich zur von der Badenserin gut beschriebenen Unterstellung: Frau = schmutzig = nicht gut = muss optimiert werden. Untenrum Pfuibah.
Ich hab mal einen provokanten Gegenvorschlag: Wie wäre es mit kleinen Auffangsäckchen für Elektrorasierer? Bübchenblau, mit Klebestreifen? Damit ich morgens im Waschbecken nicht wieder schwarze Stoppel vorfinde.... Bräuchte ja auch jeden Tag einen neuen, bei tägliche Rasur. Könnte man auch in schwarz mit Totenkopf anbieten...
Klingt das verrückt, bin ich bescheuert? Ja, aber nicht bescheuerter als die beiden Handschuh-Erfinder.

[tantes]

Nachtrag Zitat Sabuha: Sonst reicht auch eine Tüte. Dann ginge es aber NUR um das diskrete Rausschmuggeln des Mülls?
Ich schätze, durch den Anblick eines benutzen Tampons sind Männer traumatisiert worden. Und um anderen Männern dieses Trauma zu ersparen, soll das blutbeschmierte Unding eben dezent rosa verhüllt werden.
Also, vermutlich nach Ansicht dieser Erfinder, es dreht sich ja bestimmt nicht nur ums Geld... (Achtung Ironie).

[badenserin]

Ob es zu einem Shitstorm reichen würde, wenn eine von verklebten Socken oder Mini-Tempo-Turbanen geplagte Mutter den Masturbationshandschuh präsentieren würde?

Man kann dieses dämliche Produkt natürlich als Offense empfinden.
Andere werden es kaufen, weil sie denken, dass es genau das ist, was sie brauchen.
Ist ja noch immer eine individuelle Entscheidung, ob einem die eigenen Körperausscheidungen unangenehm sind oder nicht.

Am Ende wie so oft in dieser Zeit: Viel Lärm um am Ende recht wenig.

Das ist es doch gerade. Darüber müssen wir uns keine Gedanken machen - die Körperflüssigkeiten von Männern sind nicht schambehaftet besetzt, die von Frauen aber so sehr, dass man sich gar nicht vorstellen kann, nicht alles zu unternehmen, um damit gar nicht erst in Berührung zu kommen und bis heute merkwürdige Umschreibungen findet, um das Kind nicht beim Namen nennen zu müssen.

Sicher gibt es größere Probleme, viel Lärm um wenig ist es aber auch nicht, nachdem die Erfindung klar ein Schritt rückwärts ist und dazu beiträgt, einen natürlichen Vorgang wie eine Krankheit zu sehen.

Interessant auch, dass es bei deinem Beispiel ganz selbstverständlich Mütter und nicht Väter sind, die durch verklebte Socken und Mini-Tempo-Turbanen geplagt werden.